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All das - und so vieles anderes

Was haben Gurdjieff und Doris Lessing gemeinsam? Und was hat das alles mit uns zu tun? Gibt es das verlorengegangene 'Wir-Gefühl' tatsächlich? Und falls ja, wo und wann ist es uns abhanden gekommen?

Antworten darauf stehen nicht in diesem Artikel, der aber trotzdem damit zu hat. Irgendwie. Und ganz besonders.


All das - und so vieles anderes

von Achmed A. W. Khammas / Damaskus, im März 1984



Gerade habe ich SHIKASTA von Doris Lessing ausgelesen (ich finde wirklich, daß SIE den diesjährigen Nobelpreis verdient hat, und nicht William Golding!) ...und nun bin ich stark davon bewegt - viel zu stark, als daß ich es für mich behalten könnte.

Vor einigen Jahren las ich Gurdjieffs ALL UND ALLES, zwar bisher nur ein einziges Mal, statt der vom Autor geforderten drei, und zwischendurch reichlich SFs mit ähnlichen Zentralgedanken - doch so tief wie SHIKASTA hat mich nichts davon berührt (obwohl Gurdjieff vielleicht unterbewußt mehr bewirkt hat, wer weiß?!).

Jedenfalls bekam Doris Lessings Version der Wirklichkeit vermutlich durch den 'Synergetischen Effekt' jene antörnende Wucht - also durch die inhaltliche Gleichheit dieser vielen verschiedenen Bücher... deren Botschaften Du wieder und wieder überliest (lies: überhörst) - bis Du es dann irgendwann zum ersten Mal VERNIMMST!

Der Vektor, dem sich diese verschiedenen neurologischen Ausschüttungen nähern, ist der des umfassenden Erinnerns. Denn das Ende des Fische-Zeitalters ist unser JETZT, die kommende Vergangenheit einer bereits begonnenen Zukunft: Aus einem Meer von Blut, Schweiß und Tränen steigt der Wassermann empor - bewußt, geduldig und fruchtbar. Neue Schaltkreise springen an.

Sanfte Verschwörungen, sanfte Energien und sanfte Geburten. Die E(go)manzipation ist out, es gilt sich der Gemeinsamkeit und dem Zusammensein und -tun zu öffnen. Wendest Du nun ein: "Ach, nur eine Idee...", so möge Dir der gute alte Victor antworten, daß nun einmal nichts so mächtig ist auf der Welt wie eine Idee, deren Zeit reif geworden ist. Und ob etwas reif ist wissen wir meistens erst dann, wenn wir kräftig hineingebissen haben.

Doch zurück zum Buch: SHIKASTA ist der Name unseres wunden, durch kosmische Katastrophen stark verletzten Planeten. Wie schon Gurdjieff in seinem 'Beelzebubs Erzählungen an seinen Enkel' schrieb (= ALL UND ALLES, erster Teil), wurde unser planetares Raumschiff durch ungeplante und unvorhergesehene Entwicklungen im kosmischen Geschehen stark in Mitleidenschaft gezogen. Wir: nicht Verursacher, sondern ebenso Opfer wie unser Planet. Von Zeit zu Zeit werden von höherer Stelle aus 'Reparaturversuche' unternommen... mit stark unterschiedlichen Resultaten (z.B. Polsprünge, zwangsversetzte Engel oder arg verfolgte Propheten). Die Tragödie ist, daß sich eine Heilung nur vom Inneren her umsetzen kann. Also nur WIR können die Situation zum Guten wenden, nur WIR können eine Heilung in uns und um uns herum in Gang setzen.

Überdenken wir daher einmal die folgende 'Möglichkeit':

Die alten Götter BAAL, MANATH, CHTULHU... sie starben damals am Kreuz, aber nicht ER. Die Propagandalüge SEINES Todes wurde jedoch von vielen geglaubt. Hätte sich nicht ein mitfühlender Zeitreisender mittels seiner überragenden Verstellungstechnik als wiederauferstandener Christus ausgegeben, um wieviel blutiger noch wäre die neue Religion schon damals geworden - Petri Thron als Schädelpyramide!

Erst rund 600 Jahre später deckte ein Hirte und späterer Händler namens Mohammed nach seiner Einweihung in geheime, frühchristliche Mysterien diese Prpagandalüge auf und veröffentlichte mit einer Reihe von Freunden zusammen den KORAN. Wieder 1400 Jahre später treffen sich spirituelle 'Vordenker' (z.B.) in Alpbach, darunter auch der Dalai Lama - und reden NICHT MEHR von den alten Propheten. Denn keinen interessiert es mehr, ob sich damals der Senior oder (nur) der Junior geopfert hat - wenn überhaupt.

Nicht verwunderlich ist es für mich - als Moslem -, daß sich bei diesem Treffen kein einziger Vertreter unserer zerstrittenen Glaubensge(viel)schaft einfand - denn unsere Uhren gehen über 1300 Jahre nach. Wissen Sie, damals, als Mohammed starb, da sammelte sein Vetter, Schwiegersohn und erster Gläubige Ali die weit verteilten Koranfragmente zusammen, während Mekkas Händler die Steuersätze der neuen Verwaltung unter IHREM Kalifen beratschlagten. Und der war dann natürlich der alte und weise Abu Bakr, der beste Freund des verblichenen Propheten. Man hat über dieses Thema den jungen (und vielleicht auch revolutionären ) Ali ganz einfach vergessen. Und während der gute Abu Bakr nach zwei Jahren 'im Amte' verstarb, ohne einer Fliege etwas zuleide getan zu haben (jedenfalls braven islamischen Fliegen nicht), wurden die Händler zu heerführenden Markterschließern - was also keineswegs eine europäische Erfindung ist, wie von manchem behauptet wird. Deshalb sind die Inuit auch keine Moslems. Ali hätte ihnen den wahren Glauben sicherlich noch in ihre Iglus gebracht - als spiritueller und inspirierter Spirit - und nicht um Spirituosen zu verbieten und Spiritus zu verkaufen!

Nun, sehen wir die Welt lieber wieder 'richtig' herum’: also Araber, Fanatismus, Erdöl und Waffenexporte. Bringt uns doch der (zwischenzeitlich ebenfalls verstorbene) Deutsche F. J. Strauß wieder auf den Teppich der Tatsachen zurück wenn wir lesen, er sei zwar grundsätzlich der Meinung, daß man am 'Export des Todes' nicht verdienen solle. Andererseits müsse man "die Welt so nehmen, wie sie ist". Jo-mei, dös isses! Denn Waffen einfach nur verschenken geht ja auch nicht.

Bleibt denn der Trost, daß die Evolutionsagenten ja ohne Unterlaß kommen, Humor und neue Ideen bringen, Archen bauen, Meere auseinandertreiben und Schriften an Wänden erscheinen lassen. Nicht nur aus Feuer, auch Sprayflaschen benutzen sie inzwischen! Sie sind alle da - jetzt. Zum Teil in uns, zum Teil in anderen um uns herum. Deshalb redete in Alpbach auch keiner von den alten Propheten - und deshalb hatte Ali damals eben noch keine Chance.

Einen Schritt voran - und zurück... zum Begriff, 'die Heilung liegt in uns beschlossen'. Eine mir vorschwebende Fassung des (zumindest teilweise) heilenden zivilen Ungehorsams ist die folgende (ich bin nämlich tatsächlich Übersetzer und Dolmetscher):


Präsident: "Ach ja, sagen Sie, wir haben da noch einen letzten wichtigen Punkt auf der Tagesordung, den Verkauf eines unserer neuentwickelten Kernkraftwerke an Ihr Land. Mann, die Industrie macht mir die Wähler kirre, wenn der Deal nicht klappen sollte!"

Dolmetscher: "Verehrter Gast, unser Präsident möchte Sie fragen, ob er Sie zum Mittagstisch ausführen darf?"

Gast: "...was höchst freundlich von Ihrem Präsidenten ist. Ich dachte, daß steht sowieso auf dem Programm. Und zwar ziemlich bald schon?!"

Dolmetscher: "Herr Präsident, unser Gast ist leicht verwundert. Ob Sie denn nicht von der stetig zunehmenden Opposition in seinem Land gegen die Kernkraft gehört haben - er hat dort nämlich auch Wähler..."

Präsident: "Äh..., doch, na klar. Bei uns gibt es ja auch diese Tomatenanbeter..." - "Scheiße! Bitte übersetzen Sie DAS nicht. Ich schlage vor, wir vertagen die ganze leidige Sache bis zu unserem nächsten Gipfel."

Dolmetscher: "Unser Präsident entschuldigt sich - es ist ihm schrecklich peinlich, daß er Sie so lange hat warten lassen. Natürlich steht das Mahl gleich auf der Tagesordnung, aber unser Präsident dachte - und bitte verstehen Sie das nicht falsch - daß eine persönlich ausgesprochene Einladung ihre gemeinsame Freundschaft weiter stärken würde."

Gast: "Oh! Aber natürlich. Ich finde Ihren Präsidenten ganz reizend. Aber ich habe langsam wirklich Hunger."

Dolmetscher: "Herr Präsident, Ihr Gast findet die Idee einer Vertagung ganz große Klasse, er hat jetzt auch wieder mehr Appetit."

Präsident: "Na, dann wollen wir mal futtern gehen, haha..."


Beim zweiten Mal muß dann allerdings wieder ein neuer Trick her.

Doris Lessing (jaja - ich bin ja noch nicht fertig) setzt ihre Hoffnungen jedoch nicht auf die Tat des Einzelnen, sondern auf die Aktivitäten der von ihr vorausgesehenen 'Jugendarmeen'. Die Beschreibung des Treffens der Delegierten dieser Alternativ-Armeen ist denn auch absolute Spitze. Immerhin ist es ja ein ganzer, großer Planet um den es geht, also nicht gerade das kleinste Geschäft.


Nun noch einen weiteren Schritt voran und zurück, denn wir sind leider noch weit von derartigen positiven Zusammenrottungen entfernt; und so viele Schaltkreise des 'WIR-Gefühls' sind noch nicht angesprungen, Leary zum Trotze. Unsere Blätter, die bunten, grünen, sphinxhaften, schreiben bisher eher und mehr über Intelligenzsteigerung, Genußmaximierung und Auswanderung zu den Sternen. Klipp und klar heißt das, daß WIR viel lieber Neues über SMI²LE-Elemente hören und lesen. Wenn das keine Realitätsflucht ist - was ich aus naheliegenden Gründen (ich bin ja selber Abonnent derartiger Periodika) weit von mir weise - woher kommt dann diese neue, optimistische Faszination, WAS IST ES? Haben Sheldrakes morphogenetische Felder nach 2000 bzw. 1400 Jahren nun endlich ihre Wirkung entfaltet? Waschen wir bald alle unsere Süßkartoffeln?

Was dieses mit jenem zu tun hat? Ganz einfach: Unsterblichkeit wird hier wie dort versprochen; da Tim Leary und andere 'Intelligenz = gut' schreiben, läßt sich die alte Gleichung 'gut = Erlösung' in der I²-Potenz erweitern, und '‘in den Himmel' soll es allemal gehen.

Wie viele Boddhisattvas tummeln sich also schon unter uns? Und was heißt bloß der Satz: "Auch die Herren des Feuers erschufen wir aus Engeln" (Koran 74/31). Exxon und Mobil-Oil etwa als zukünftige Wüsten-Urbanisatoren? Ist Luzifer inzwischen gar schon längst erlöst, sein Wiederaufstieg bekanntgegeben - nur daß hier unten mal wieder keiner am Transgalaxis-Funkempfänger gesessen hat?!

Vielleicht ja doch. Nehme ich es doch auch für mich in Anspruch, ein messianischer Verkünder zu sein - zum Leidwesen allerlei etablierter Vorverkünder mit Zukunftsängsten. Aber im New-Age O-Ton heißt es nun einfach: "Schafft einen, zwei, viele Messiasse!"

Messias heißt nämlich auch '‘Wegwischer' der Aschen und Schwelgluten, 'Löscher' der Strahlungsfeuer und Halbwertszeitbränden, 'Salber' verrosteter Bewußwerdungskugellager und 'Erlöser' der gordischen Technologieknoten, welche die Schlingen ihrer erstickenden Gasschwaden um die halsstarrigen Betonsärge unserer HEIME legen.

NOCH ist es nämlich so. Daher auch das Gefühl, zur Tat veranlaßt zu sein. Die anfangs erwähnten Bücher - und so viele andere auch - sagen uns, es sei keinesfalls schon immer so gewesen. Die HEILIGEN Bücher schließen sich dieser Meinung an. Und die Legenden. Und die Mythen. Und die Märchen.

Denken wir alaso DARAN. Und an die Idee, daß es auch nicht so bleiben muß, wie es derzeit ist.

Erinnert Ihr Euch?

Wir können die Zukunft nicht erwarten, wir können sie aber erfinden.

Erinnert Euch!

"Von der Zukunft hängt ab, wer nicht versteht, in der Gegenwart zu wirken" (Seneca).

Fragt die Delphine. Erinnert Euch!!


Nachmerkung:

Der 'äußere Buhmann' ist IN uns - machen wir es uns also nicht zu einfach, indem wir kosmische (oder andere) Verursacher für die Misere verantwortlich machen.

Auf die Frage, "was kannst Du?", war "ich haben einen Kopf und zwei Hände" schon immer die beste Antwort. (UFOs sind natürlich trotzdem jederzeit herzlich willkommen).

 

Eine gekürzte Fassung erschien in dem Magazin HOLOGRAMM Nr. 42 (Mai 1985) sowie in dem Magazin FUTURE? (Nr. unbekannt); der hier vorliegende Text wurde leicht überarbeitet im August 2002 auf dieser Seite veröffentlicht.

 

2007 bekommt Doris Lessing endlich den wohlverdienten Literaturnobelpreis. Auf die Frage, welches ihrer Werke sie als das wichtigste ansehe, nennt Lessing die Romane des Zyklus Canopus in Argos, zu denen auch Shikasta gehört. Diese Bücher gründen sich zum Teil auf die Weltsicht der Sufis bzw. des Sufismus, zu der Lessing auf Vermittlung von Idries Shah gelangte. Auch schon frühere Werke zeigen einen Anklang an dieses Thema, beispielsweise Briefing for a Descent into Hell und Memoirs of a Survivor.



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