Bericht meiner IRAK-Reise (10.01. bis 28.01.1967)
Von Achmed A. W. Khammas
In den Irak wurde ich von meinem Vater geschickt. Um die Verwandten kennen zu lernen! Und da mein Cousin Bahjat um diese Zeit auch Zeit für mich hatte, sollte er mich begleiten.
Einerseits war ich durch meine Neugier einverstanden, andererseits hatte ich doch keine rechte Lust, aber was tun...? Ich mußte ja.
Also:
Nachdem ich mit einigen Freunden im Club 400 ausgiebig Abschied gefeiert hatte (am 08.01.) ging es am 10.01. los - mit dem Bus. Ich habe die meiste Zeit geschlafen, unterwegs eine Stunde Aufenthalt wegen einer Panne. später zwei Stunden wegen einer Person, die sich in Syrien vor der Armee drücken wollte. Die Panne war in Deraa, den Typ haben sie in H4 rausgeholt. Nach der Grenze wurde der Bus voll, besoffene Soldaten, übrigens eine Seltenheit.
(Die Busse, die meist als Nachtfahrt quer durch die Wüste von Damaskus nach Bagdad fuhren, sahen damals aus wie Flugzeugrümpfe ohne Flügel, Aluminium und Bullaugen, die Fahrerkabine war als separate Zugmaschine ausgelegt. Als der Fahrer merkte, daß ich auch Deutsch sprechen konnte, schlug er mir vor, daß ich mich zu ihm in die Fahrerkabine setzen sollte, er war auch alleine. Und konnte neben Deutsch noch mindestens drei weitere Sprachen. Auf der Fahrt erzählte er mir, daß er neben den Busrouten auch Lastwagen nach Europa fahren würde, und daß er in Deutschland, in Bulgarien und im Irak Ehefrauen hätte. Die Fahrt gefiel mir gut, die Hitze des Motors war so stark, daß wir die Fenster öffnen mußten, um die eiskalte Nachtluft hereinzulassen. Dazu die Sterne, hell, daß man in deren Licht sogar lesen konnte. Ich bekam den Türgriff zur Verwahrung, mit dem man die Passagierkabine öffnen konnte - von alleine konnten die guten Leute nicht herauskommen ).
Am 11.01. kamen Bahjat und ich morgens in Bagdad an, zu Hause bei meinem Onkel Sainal, Bahjats Vater. Große Begrüßung, üppiges Frühstück und ab ins Bett. Nachmittags irgendwo in der Innenstadt an der Raschid-Straße verspätet Mittag gegessen. Ich habe mit Herrn Sheikh-Ali telefoniert (um Grüße von meinem Vater auszurichten) und einige Bücher gekauft. In der Stadt war ich mit Muaiid, Bahjats Bruder, der so alt ist wie ich.
Am 12.01. erst einmal lange ausgeschlafen, bis um 10 Uhr, dann mit Kais, einem angeheirateten Neffen (oder so) in dessen Wagen nach Kerbala gefahren (der heiligen Stadt der Schiiten). Wir sind erst Abends um 20:00 wieder nach Hause gekommen, wir waren nämlich noch auf einer Art Jahrmarkt oder Vergnügungspark ! Ich habe dann noch mit Kamali und Barbouti telefoniert (ebenfalls alte Kameraden meines Vaters).
Am 13.01. habe ich dann Herrn Kamali in Al-Aasamiah besucht, abends ging es mit Muaiid ins Kino: ‘SHE’ mit Ursula Andress! (die ich sowieso schon gaaanz toll fand).
14.01.: Besuch bei Tante Sadikah, wieder mit Muaiid, natürlich Mittagessen dort, am Abend in einem ‘Golden Nest’ Restaurant gegessen. Irgendeinen Club habe ich auch noch gesehen (?)
15.01.: Mit der hübschen Maida in ihre Uni, später Barbouti besucht, Onkel Daoud und Khalid.
Oh du großer 16.01.!!! Mit Bahjat und einem seiner Freunde in ein Kasino gegangen und etwas gespielt... dann in einem VW Käfer versucht (!) mit einer Nutte zu vögeln... aber es war einfach zu eng - im VW, meine ich !!! (Zuerst war mein Cousin dran, dann ich. Später dann der Freund. Die Dame merkte wohl schnell, daß ich ein Novize war, und daß ich vor Aufregung gar keinen Ständer bekam, wie peinlich. Sie hielt jedoch dicht, wir ‘wackelten’ brav und ich konnte vor meinem Verwandten das Gesicht wahren!)
Am 17.01. bin ich in irgendein Kaufhaus mitgegangen und habe auch irgendwelche Besuche gemacht... aber langsam verblöde ich hier!
18.01.: Heute war ein Schlendertag in der Stadt, auch zur Bank bin ich und zur Post usw. Abends um 21:00 ging es dann los nach Mossul (im Nordirak).
Am 19.01. nur Verwandte bestaunt (ach die vorhandenen Mengen davon!), Abbas, Ahmad usw., etwas herumgefahren, viel gegessen und Abends ins Kino: 1 Million Jahre vor Christus!!
20.01.: Weiter dasselbe...
21.01.: Sehr anstrengende Autofahrt über Hammamat al Khalid, Al Beji, Tikrit usw., 100.000 Verwandte überall. Endlich um 00:00 wieder in Bagdad... . (Wir hatten fast in jedem Kaff unterwegs Halt gemacht, da es überall Verwandte gab. Alle wollten mich/uns dabehalten, anläßlich meines Besuchs wenigstens ein Schaf schlachten usw. Die Menschen waren alle sehr lieb, küßten mir die Wangen ab und waren sehr bemüht. Aber es waren einfach viel zu viele!)
22.01. - 25.01.: Ausgeruht, Raketen gekauft... (Dabei handelte es sich um Modellbausätze aus Plastik, wie ich sie weder aus Deutschland, geschweige denn aus Syrien her kannte. Unter anderem auch die V2 oder A4, die ich später in Damaskus mit einem ‘echten’ Treibsatz versah und tatsächlich in den blauen Himmel jagte.)
26.01.: Arbeit mit meinem Paß wegen der Ausreise.
27.01.: 16:00 losgefahren.
28.01.: 03:00 angekommen.
Die Moral: Einmal und nie wieder (daran hab ich mich bislang sogar gehalten)
Am nächsten Tag erst ausgeruht - und am Abend sofort ins 400 usw.
Endlich wieder daheim...
|